[Rezension] Am I Normal Yet? — Holly Bourne

Inhalt

Evie will nur normal sein. Immerhin wurde die Dosis ihrer Medikamente verringert, und dass sie ein Date hat, muss bedeuten, dass es aufwärts geht, nicht wahr? Doch dann wird das Date nicht nur zu einem Albtraum, auch das Gefühlsdrama lässt Evie befürchten, wieder in alte Muster zurückzufallen. Das einzig Gute: Auf der Party, auf welcher ihr Date den Bach runterging, hat sie Amber und Lottie kennengelernt, mit denen sie sich ziemlich schnell anfreundet. Doch wie kann sie sich helfen lassen, wenn ihre Freunde nicht über ihre Krankheit Bescheid wissen?

Meine Meinung

Ich habe Am I Normal Yet? aus einer reinen Laune heraus gekauft. Das eBook war günstig, es klang nach einem etwas anderen Jugendbuch, und die Bewertungen bei Goodreads waren überraschend gut. Holly Bourne hat bereits ziemlich viele Bücher veröffentlicht, und ich bin fest entschlossen, in der Zukunft noch mehr von ihr zu lesen!
Aber zurück zum Anfang: Am I Normal Yet? hat schon eine ganz besondere Prämisse. Wir haben ein Jugendbuch, das sich auf Thematiken konzentriert, die in anderen Büchern oft untergehen oder gar nicht erst erwähnt werden: Freundschaft, Mental Health und Feminismus. Allein schon den Versuch zu unternehmen, das in ein Buch zu packen, finde ich bewundernswert — hinzu kommt, dass Holly Bourne verdammt gute Arbeit geleistet hat.

„When boys get older, if they don‘t find someone they get called bachelors. We get called spinsters. There isn‘t a word that means male spinster. Just like there isn‘t a word for a guy who sleeps around — whereas there are TONS for girls. The Englisch language itself is sexist — it reinforces those overgeneralized, screwed-up notions about how boys and girls are allowed to be…“
(Holly Bourne, Am I Normal Yet?)

Die Freundschaft der drei Mädchen — die später den Spinster Club (dt. Club der alten Jungfern) gründen — ist einfach herrlich. Sie unterstützen sich gegenseitig, sind ehrlich zueinander und können sich auch eingestehen, wenn sie etwas falschgemacht haben. Nie hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass Amber und Lottie nur als Freundinnen charakterisiert werden; stattdessen gibt Bourne ausnahmslos jedem Charakter in dem Buch einen wirklichen Charakter, mit eigenen Geschichten und entsprechenden Eigenheiten. Gerade beste Freundinnen werden so oft stereotypisiert — hier aber nicht, und allein das machte das Buch zu einem absoluten Lesevergnügen.
Bald häuften sich die positiven Aspekte: Ich schloss die Protagonistin Evie unglaublich ins Herz, liebte ihre enge Beziehung zu ihrer Schwester, allein schon der Schreibstil ist herrlich erfrischend. Holly Bourne bringt einen ganz besonderen Humor mit ein, wegen dem ich öfters lachend (oder zumindest grinsend) vor dem Buch saß.

„Everyone‘s on the cliff edge of normal. Everyone finds life an utter nightmare sometimes, and there‘s no ‚normal‘ way of dealing with it.“ Sarah sighed. „There is no normal, Evelyn. There‘s only what‘s normal to you. You‘re chasing a ghost.“
(Holly Bourne, Am I Normal Yet?)

Mein Lieblingsaspekt — neben der Freundschaft und den feministischen Einflüssen — war aber ganz klar die Ausgestaltung von Mental Health. Evie kämpft seit Jahren mit einer OCD und einer generalisierten Angststörung. Ich kann nicht als Betroffene sprechen, hatte aber den Eindruck, dass Bourne sehr sorgfältig recherchiert hat und das Thema auch im Buch exzellent angeht. Vor allem wird hier, im Gegensatz zu anderen Büchern, nichts romantisiert. Wir erleben Evie an Höhepunkten, aber auch an (vielen) Tiefpunkten. Ihr Verhalten wird nicht beschönigt, hässliche Aspekte nicht ausgelassen. Vor allem wird ihre Therapie nicht nur angesprochen, sondern explizit im Buch thematisiert und nicht klischeehaft abgespeist. Auch im Nachhinein bin ich noch vollkommen begeistert von dieser akkuraten und ehrlichen Repräsentation.
Es gab nichts, das mich an Am I Normal Yet? wirklich gestört hat. Ich habe hauptsächlich einen kleineren Kritikpunkt anzubringen, das einzige Klischee, das sich überhaupt in dem Buch finden lässt: Im Laufe der Handlung gibt es drei Jungs, die mehr oder weniger plötzlich an Evie interessiert sind. (Zugegeben, nicht gleichzeitig, und keiner schwört ihr seine ewige Liebe, was einen Pluspunkt gibt.) Ich war einfach manchmal etwas überrumpelt in der Hinsicht, weil es mir etwas… unrealistisch erschien? Gleichzeitig muss ich zumindest Bournes Umgang damit loben. Denn wieder wird nichts romantisiert, und auch Lottie und Amber halten vor Evie nicht zurück, was sie davon halten.

„You find his arrogance and his alphaness sexy — because you‘ve been conditioned into thinking that‘s how boys should be.“
(Holly Bourne, Am I Normal Yet?)

Tja, ich wünschte, ich hätte mit sechzehn Jahren so gedacht. Vor allem wünschte ich aber, dass solche Verhaltens- und Denkweisen in mehr Jugendbüchern herausgefordert werden würden.
Was soll ich sagen — ich habe es keine Sekunde bereut, Am I Normal Yet? spontan gekauft zu haben. Innerhalb von zwei Tagen hatte ich das Buch verschlungen und allein schon die Tatsache, dass es zwei weitere Bände aus Ambers bzw. Lotties Sicht gibt, freut mich ungemein! Bourne hat ein unglaublich wichtiges Buch geschrieben, das nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit bekommt, wie es verdient — das muss sich ändern!
Schließen möchte ich mit einer Aussage der Autorin:

„Feminism is for all genders. Feminism benefits all genders.“

Amen.

Fazit

Am I Normal Yet? hat mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistern können. Holly Bourne porträtiert nicht nur eine authentische Mädchenfreundschaft, sondern spricht auch wichtige Themen wie Mental Health und Feminismus an. Von diesem Werk könnten sich viele andere Jugendbücher eine Scheibe abschneiden!
Am I Normal Yet? ⚬ 433 Seiten ⚬ Usborne Publishing ⚬ kann als Einzelband gelesen werden ⚬ 2,76€* (eBook) bzw. 8,99€* (Print)  
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7 Kommentare

  1. Es klingt einfach sooo gut!
    Kommt definitiv auf die Wunschliste, vor allem die authentische Mädchenfreundschaft macht mich unglaublich neugierig! :))

  2. Das Buch habe ich vor kurzem auch entdeckt, war ganz begeistert von den Reviews auf Goodreads und habe es gleich auf meine Wunschliste gesetzt.
    Dank deiner Rezension juckt es mich jetzt aber in Fingern, es mir einfach zu kaufen.
    Argh, dabei habe ich diesen Monat schon so viele Bücher gekauft… 😀

  3. Ooh I really want to read this one! I've heard such good things about how healthy and positive (and gloriously feminist!) Holly Bourne's writing is! Very keen to try it someday. And so glad you loved this one!

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